In den 70er Jahren kaufte mein Vater eine Föhrjolle die wir einige Jahre nutzten. Damals war die Uferlinie der Immenstaader Bucht noch mit einer Mauer versehen. Was besonders bei Föhnsturm mit seinen kurzen hohen Wellen für ein chaotisches Wellenbild sorgte. Unser Boot lag hier im Bojenfeld das es damals noch gab. Einer dieser Stürme legte den Mast und ließ das Boot vollschlagen. Danach lag es einige Jahre ungenutzt in einem Schuppen. 1986 bekam ich Interesse an der Segelei und wir machten das Boot wieder klar. 1989 begannen sich die Verleimungen des Bootes an einigen Stellen zu lösen, das Boot wurde also zunächst am inzwischen angelegten Strand in Immenstaad eingemottet und wartete auf seine Wiederbelebung…
1997 begann ich, inzwischen ausgebildeter Bootsbauer das Boot instandzusetzen zeitweise half mir mein Vater. Inzwischen konnte man so ziemlich alle Bauteile mit dem Gummihammer voneinander lösen. Der Leim war alles nur sicher nicht Wasserfest… Also Deck weg und los gings. Hätte ich damals gewusst was auf mich zukommt. Hätte ich das Fichtenmopped dem Stechbeitel vorgezogen, doch der damalige stand meiner Unkenntnis ließ dies Entscheidung nicht zu und so begann die 16-Jährige Wiederherstellungsphase unserer Föhrjolle. Ständig fehlte irgendetwas Geld, Zeit, Werkstatt, Werkzeug, Motivation oder sonstwas anderes, nun ja, jetzt ist Sie fertig.
Hier die Arbeiten die ich gemacht habe:
- Abwracken bis auf die Rumpfplatten
- Einbau neuer Schotten
- Einbau neuer Bodenwrangen
- Einbau neuer Plichtseiten
- Einbau eines neuen Plichtbodens
- Kielspund Achtern einbauen.
- Spiegel ausbauen und wieder einkleben
- Aussenhaut abziehen und Laminieren
- Aussenhaut Spachteln, schleifen, grundieren, schleifen, lackieren
- Herstellen eines neuen Schwertkastens und Einbau
- Spunde in der Aussenhaut
- Spund im Kimmweger
- Einbau eines Kielschweins
- Einbau Maststütze
- Einbau neuer Decksbalken
- Herstellen eines neuen Decks
- Beschichtungsarbeiten innen 4 x DD lack mit Zwischenschliff (Schwitz)
- eBschichtungsarbeiten aussen 3 x WEST SYSTEM Epoxidharz, 6x Epifanes PP-Extra, 2 x Epifanes PU DD Endlack
- Montieren der Beschläge
- Mast besorgen und umbauen
- Ruderanlage neu lackieren
- Schwert abziehen und laminieren, Umbau auf feste Achse im Schwertkasten
- Nebenher: Heiraten, Familie gründen, 3 x Umziehen, selbständig machen.
- FERTIG! jetzt: Segeln, allein, mit Frau, Kindern und Freunden
Hallo,
die Föhrjolle sieht ja schön aus und wahrscheinlich auch nicht ganz langsam…gibt es eigentlich noch Baupläne dafür? Ich trage einen Selbstbauwunsch mit mir herum … Holzwurm eben.
Grüße,
Andreas aus Berlin
Hallo Andreas!
Die Jolle ist von Ernst Lehfeld konstruiert, als küstentaugliche Jolle. Wer die Pläne von Herrn Lehfeld vertreibt ist mir nicht bekannt. Vielleicht können Sie darüber etwas herausfinden. Tatsächlich ist sie schnell. Wobei ich sie mit einem Kielzugvogel-Rigg ausgestattet habe. Nun hat sie eine Masthöhe von 8,5m und eine Segelfläche von 20m² am Wind. Für unser eher schwachwindiges Revier prima. Im Original hat Sie 16m² Damit ist Sie immernoch gut ausgestattet. Die Decksverbreiterung wurde von mir etwas breiter ausgeführt und ist im Original bei weitem nicht so ausgeprägt. Würde ich sie heute bauen hätte Sie einen geschlossenen doppelten Boden, offene Seitendecks für eine verdeckte Leinenführung und ein breiteres Heck damit sie in Gleitfahrt besser Spur hält. Boden 8mm Khaya Sperrholz, die Seiten 6mm und das Deck ebenfalls 6mm, Schotten 8mm. Doppelter Boden 8m, Leichter Glasüberzug aussen (200g/m² Glasseidengewebe), profiliertes Ruder und Schwert. Dann wäre sie 20kg leichter und noch deutlich schneller…
Hallo,
vielen Dank! Das mit den breiteren Heck sehe ich auch so. Vielleicht sollte man beim Neubau nicht ganz dogmatisch sein und etwas von den neueren Erfahrungen einfliessen lassen…aber sonst sieht sie ziemlich schnittig aus!
Lieber Andreas, lieber Alexander
Falls die Frage nach Plänen für die Föhrjolle noch aktuell ist, kann ich helfen. Und das kommt so:
Am Untersee / Bodensee gibt es wahrscheinlich nur 2 Föhrjollen. Die andere liegt seit Jahren in Radolfzell. Ich besitze sie seit 1995, gebaut wurde sie 1984 als Bootsbauer-Gesellenstück von Detlef Schlichting in selbstlenzender Bauart (doppelter Boden, Lenzbrunnen mit Elvström-Lenzern). Sie ist mit diesem späten Baujahr sozusagen ein modernisierter Nachzügler der damals schon nicht mehr ganz modernen Lehfeld-Knickspanter.
Der erste dieser Knickspanter zum Selbstbau war Ende der 50er der Sperrholzgleiter “Peter”. Weil mein Vater den “Peter” in seiner Studentenzeit selbst nach Lehfeld-Plänen gebaut hatte, gab es noch den Kontakt zum Konstrukteur. In unserer Familie ist es Tradition, die Boote, die man segelt für die lange Winterzeit als Modell auf dem Regal zuhause stehen zu haben, damit man sich auf das nächste Ansegeln freuen kann. Wir hatten vor 17 Jahren für den Bau eines Modells der Föhrjolle bei Lehfeld angefragt und in der Tat noch einen Plansatz erhalten (die inzwischen verstorbene Witwe von Lehfeld hatte die Korrespondenz geführt und die Pläne gesendet). Wenn Interesse besteht, teile ich den Plansatz gerne.
Im übrigen kann ich die Frage nach Geschwindigkeit und Trapezfähigkeit bestätigen. Die Föhrjolle ist als “Vorgänger” des Zugvogel eine sportliche und schnelle Wanderjolle mit schönen Linien. Sie kommt gut ins Gleiten und macht mit dem grossen Kiel-Zugvogel-Mast / Rigg auch Spass bei wenig Wind. Ich bin auch gerne bereit, Bilder oder Meinung zum Boot und seinen Modifikationen zu teilen.
Herzlichen Gruss aus dem Süden bei Trockenheits-bedingt leider bedenklich niedrigem Wasserstand.
Moin Martin Schubert
Ich bin der Vetter von Detlef Schlichting und erstelle gerade ein Register für Föhr Jollen.
Habe selber auch eine gebaut und mehrere Restauriert. Wäre nett wenn du dich mit mir in Verbindung setzen könntest.
Der Wyker Yacht Club als Entstehungsort für die Föhr Jollen feiert dieses Jahr 60` tes Jubiläum. Dann werden hier nochmal im Sommer mindestens sechs Boote dafür zu Wasser gehen.
gruß
D.Friedrichs
Hallo Herr Friedrichs,
mittlerweile habe ich die Föhrjolle an einen meiner Kunden verkauft. Das Boot ist aber in Fahrt. Ich gebe Ihren Kontakt weiter wenn es Ihnen recht ist.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Weißenberger
Ja, gerne
Hallo Herr Schubert,
wie schön, dass ich Ihren Kommentar hier entdeckt habe. Wir haben in unserer Familie am Möhnesee auch noch eine Föhrjolle, Baujahr 62. Sie steht seit etwa 15 Jahren in einer Scheune, dunkel, trocken und wartet auf ihre Wiederbelebung. Sie ist von meinem Vater an meinen jüngeren Sohn verschenkt worden. Der ist auf dem Sprung ins Berufsleben, deshalb ist ihr Schicksal weiterhin ungewiss. Wir haben aber nun gerade Kontakt zu einem jungen Bootsbauer, der am Bodensee gelernt hat und uns bei der Renovierung helfen könnte. Inwiefern könnte uns der “Plansatz” wohl dabei helfen? Ist er leicht zu kopieren? Gerne würde ich für unser Schiff “Bö” wieder eine Zukunft auf oder wenigstens am Wasser mithelfen, möglich zu machen.
In hoffnungsfroher Erwartung einer Antwort!
Hallo Axel
Ich hatte vor sehr langer Zeit (’70er) mal den DSV wegen einem Bauplan angeschrieben und hatte Erfolg.
Leider habe ich das Projekt nie verwirklicht und die Pläne sind bei mehrmaligen Umzügen verloren gegangen(worden).
Zur obigen Restauration: wäre ein Neubau unter Verwendung einiger Altteile nicht einfacher gewesen?
Zur Mälar: jung sollte man wieder sein, machte grad Lust. Hast tolle Arbeit geleistet.
(Ich glaube, als Bootsbauer mitreden zu können, habe eine Rennjolle, eine 6er Segellänge restauriert und zuletzt einen 5.5er überzogen – beraten von einem gewissen A. W. von der Fa. Von der Linden:-))
Schönen Gruss und noch viel Erfolg
Karl
Nun ja, die Welt ist klein… Danke für die Blumen. Bei der Föhrjolle war es schon so wie Du es schreibst also ein Neubau unter Verwendung einiger Altteile. Die Altteile waren die Bodenplatten und die Seitenplatten, ansonsten war da ja nichts mehr. Du hast allerdings auch sehr ambitionierte Projekte durchgezogen und wie ich das Deinen Zeilen entnehme auch noch nebenher. Das ist eine tolle Leistung, ist ja nicht immer die vergnüglichste Arbeit…
Schöne Grüße vom Bodensee!
Jaja, irgendwann bist zu ausgebrannt, um nebenher solche Sachen zu machen.
Ich segle jetzt hat schon jahrelang mit einem nicht fertigen Schiff, nach meinen Ansprüchen, herum.
Nächstes Jahr gehe ich in Rente und vielleicht habe ich dann gleich mal Lust, an meinem Schiff weiter zu machen und sonst halt später.
Ich beneide Euch aber schon, was für Projekte Ihr da im Lauf der Jahre durchziehen konntet.
Wir sind in der Bude seit fünf Jahren so nebenher an einem 6 Meter langen SwissCraft dran und froh, wenn wir nächstes Jahr endlich fertig werden.
Liebe Grüsse
Karl
Vielleicht schaff ich’s mal zu Euch.